Sizilien ist mehr als eine Reise wert.
Wohin im November, Dezember, wenn Fliegerdeutschland im Nebel, Nässe und Kälte versinkt? Diese Frage stelle ich mir seit Jahren, manchmal ist es eine Fernreise in südliche Gefilde angesagt, jetzt sollte es nur eine Woche sein. Meine Wahl fällt auf Sizilien aus mehreren Gründen: Schnell erreichbar, italienisch, warm, kulturell interessant... Fliegerisch liegt Sizilien für mich noch in einem Dornröschenschlaf. Das soll sich ändern!
Zusammen mit meiner nicht mehr fliegenden Frau stehe ich im strömenden Regen in Palermo. Toll! Bis auf die Haut bin ich nass.
Andriano hat dies entfernte Gelände für heute gewählt, weil es etliche Varianten bietet. Nach kurzer Warterei holen uns die beiden Fahrzeuge ab und wir haben jetzt noch die zweite Chance für einen Flug in der Nähe der Ortschaft Santo Stefano Quisquina. Die Auffahrt zum Startplatz Rosaria alla Quisquina führt neben einer geschlossenen Schranke vorbei, mein kleiner Rental kommt ohne Kratzer durch. Wieder stehen wir auf einem langgezogenen Rücken, der jetzt ideal mit nordöstlichen Wind harmoniert. Diesmal starte ich schnell als erster und kann von daher den am Abend abflauenden Wind am längsten nutzen. Das Gelände ist nicht besonders hoch, doch die ca. 3 km lange Rich lädt zum Soaren ein. Am steilen Hang entdecke ich die Eremo Santa Rosaria, ein Kloster. Vorher haben mir die einheimischen Piloten die Streckenmöglichkeiten dieses Gebietes ausführlich erklärt. Jetzt sind die Bedingungen leider sehr schwach, doch für Dezember ist eine Airtime von einer Stunde schon super.
Zurück in unserem Appartement bei Palermo stellen wir fest, das der 8. Dezember eines jeden Jahres nationaler Fastentag ist. Alle Restaurant in unserer Umgebung haben, ob des hohen katholischen Feiertages „der unbefleckten Empfängnis“ geschlossen. Wir überleben auch dies mit den besten selbst zubereiteten Spaghetti „aglio e olio“.
Thermik über Ausgrabungsstätten
Die Piana degli Albanesi, ein großes Fluggebiet in der Nähe von Palermo, hat seinen Namen von Albanischen Flüchtlingen, die sich hier vor langer Zeit angesiedelt hatten. Die Besprechung über Wind und Fluggelände findet wie üblich in einer kleinen Bar mit besten Süßkram statt. Auf der Piana degli Albanesi kann man unter etlichen schülerfreundlichen Fluggebieten wählen. Wir fahren auf einen ca. 5 km langen Bergzug mit Nord- und Südstartplätzen. Doch vor die Auffahrt hat der Forst eine Schranke gesetzt. Diesmal hat Adriano einen Schlüssel, so daß wir den Weg leicht nach oben folgen können. Nordwind erwartet uns am Gipfel, eigentlich ist die Südseite die bessere. Doch bis sich alle sizilianischen Fliegerkollegen getroffen haben, nimmt die
Hier strömt die Luft aufwärts und nach der Startüberhöhung fühlt sich die Luft auch wieder „richtig“ thermisch an. Knapp unterhalb der Basis beende ich meine Kurbelei und schaue auf den Startplatz herab. Auch dort ist eine Pause bei den Startenden eingetreten, der Rückenwind ließ die Starts nicht zu. Doch jetzt machen sich die restlichen Piloten fertig und starten erneut in den Südwind. Die Aussicht über dieses neue Gelände ist phantastisch. Der Blick reicht vom Meer bei Palermo über die West- bis zur Südküste mit allen davor gelagerten Bergzügen. Und vom Monte Kumeta bis zur antiken Ausgrabung Antica Città di Jato, einer über 2000 Jahre alten Siedlung, die z. Zt. wieder ausgegraben wird. So fliegen wir die gesamte Rich entlang und haben tolle Ausblicke in die phantastische Landschaft. Ein letztes Mal geht es an die Basis und dann – es wird langsam kühl – zum Landen. Ein großer Acker mit einem Weg wurde vorher zum Landeplatz erklärt. Diesen schönen Flugtag beenden wir in einem kleinen sizilianischen Spezialitätenrestaurant auf dem Rückweg.
Soaring vor Windmühlen
Auch der nächste Tag verspricht fliegerisch wieder ein Guter zu werden. Morgens sehen wir von unserem Appartement oberhalb von Palermo das Meer und einige Wolken. So steht bald Adriano vor unserer Tür und fordert uns auf, mit nach Bolognetta, dem nächsten Fluggebiet, zu kommen. Nach dem üblichen cafe und dolce/cornetto (Süßkram) fahren wir ausnahmsweise mal am großen Landeplatz vorbei und von der Rückseite auf einen der üblichen Bergzüge. Diesmal allerdings stehen bereits 20 große Windräder am Grat, die exakt den Wind anzeigen. Es passt diesmal perfekt. Es ist Samstag und so warten wir auf weitere Piloten, die dann so langsam auch eintrudeln. Der Wind könnte noch etwas stärker werden, so hoffen wir. Der erste Pilot startet bei schwachem Wind und ohne an der Kante zu soaren, was ich erwartet habe, fliegt er direkt über die Ortschaft Bolognetta.
Unser Urlaub ist aber noch nicht zu Ende. Ein Wetter- und Entfernungscheck empfiehlt für den Sonntag einen Ausflug auf den Ätna, Europas höchster und aktivster Vulkan. Der letzte große Ausbruch datiert auf den 17. November 2013; 600m hohe Lavafontänen gaben dem Himmel ein gespenstisches Licht. Mit dem Ausstoß von 25 Mio. Tonnen Kohlendioxid ist der Ätna einer der größten Luftverschmutzer weltweit!
Schnee auf dem Ätna
Nach gut 2 ½ Stunden erreiche ich den Kraterrand auf 3.300 m. Zum Gipfel gehe ich nicht, da raucht es zu stark und Schwefeldampf riecht auch nicht so toll. Der Ausblick ist wie immer auf hohen Bergen sagenhaft. In der Sonne sieht man etliche Nebenkrater, die Caldera des Hauptkraters, das nahe Meer und weit unten Wattewolken, von der Sonne beschienen, den glänzenden Schnee...
Fazit
Etwas fehlt noch auf meiner to do Liste: Ein Flug direkt an der Küste mit Landung am Strand. Doch leider weht küstennah der Wind am folgenden Tag so stark, das daran nicht zu denken ist. Mein Fazit nach einer Woche Sizilien: Ich muss wiederkommen, es gibt noch so viel zu entdecken und das in schnell erreichbaren Entfernung von Holzkirchen. Fliegerisch ist die größte Mittelmeerinsel im Winterhalbjahr sehr attraktiv mit guten Startplätzen und großen Landeplätzen, angenehmen Windverhältnissen, guten Möglichkeiten, auf kleinere Strecken zu gehen und einem sensationellen Alternativprogramm für Schlechtwettertage und nicht fliegenden Begleiter/innen. „Alte Steine“, sprich Ausgrabungen und/oder Museen, eine interessante, lange zurückreichende Geschichte und künstlerische Spitzenwerke, Kulinarisches vom Feinsten, für jeden Geschmack lässt sich hier das Passende finden!