Fliegen über den Zedern
Ein gut befreundeter, ehemaliger Schüler meine Flugschule FlyART in Holzkirchen lag mir schon seit einger Zeit per Mail in den Ohren, ihn im Libanon zu besuchen und die tollen Flugmöglichkeiten kennen zu lernen. Nach kurzer Recherche über die libanesischen Fluggelände planten wir eine Woche Testfliegen im November.
Am nächsten Morgen Aufbruch in den libanesischen Südosten. Wir fahren aus dem Molloch ins Choufgebirge. Christliche und drusische Dörfer, aufgeräumt, sauber, adrett, säumen unsereren Weg.
Wir verlassen das wenig beflogen Gebiet am Chouf und wollen noch einen Abendflug in Hammana westlich von Beirut checken. Neben der Autobahn nach Syrien finden wir eine 300m Soaringgebiet. Bis wir hier ankommen, ist der Wind leider schon so schwach, das sich der Flug wirklich nicht mehr lohnt. Also zurück in Verkehrschaos von Beirut.
Am nächsten Morgen wollen wir den Flug in Hammana nachholen, doch hier empfängt und heftiger Rückenwind. Nord- und Ostwind ist im Libanon schlecht beleumundet, Süd und West sind die erfolgsträchtigen Windrichtungen. Fast alle Startplätze weisen nach Westen, so leider auch Hammana. Thermische Ablösungen wären gefährlich, wir stehen oben an einem Kuppe. Also beenden wir vorläufig diese Kapitel mit einem Bummel durch den Ort am Landeplatz. Zu unserem Erstaunen lädt uns ein christlicher Schnaps/Arrak Gastronom auf einen Cafe ein und erzählt uns seine Lebensgeschichte. Nach kurz Besichtigung des Ortes fahren wir weiter nach Harissa, einem christlichen Wallfahrtsort mit überdimensionaler Marienstatue. Hier findet sich der Startplatz Ghosta, gesprochen "Rosta". Raja, von dem noch die Rede sein wird, hat hier, in der Nähe Beiruts, sich sein Fluggelände geschaffen. Ein Tandemschirm hat gut Platz auf der in den Busch geschlagenen Lichtung. Steil und gut angeströmt ist der Platz üblicherweise. Doch heute hat es starken Seitenwind und am Meer sicher ein 40er Nord. Das war´s für heute!
Raja empfängt uns nach einem einstündigen Ritt durch das Beiruter Verkehrschaos freundlich mit der Prophezeiung, heute geht´s. Ok. Wir fahrem im geländegängigen Jeep hoch hinauf in das Skigebiet Faraiya el Mzar!! Ja, das gibt es hier, mitten im Nahen Osten. Eine halbe Stunde fahren wir auf einer schlechten Piste, vorbei an auf kleine Vögel schießender lokale Bevölkerung, bis wir am Ende der Piste zu einem steinigen Startplatz kommen. Das Gelände benennt sich nach dem Landeplatz: Lassa. Startrichtung NO, so war der Winde die Tage vorher. Hier jetzt Südost! Also auf thermische Ablösungen warten? Raja, unser fliegender Guide und einziger selbsternannter Fluglehrer vom Libanon, rät nach einer halben Stunde, den Startplatz zu wechseln. Wir fahren unverrichteter Dinge zurück zur Strasse und jetzt wirklich die Piste im Skigebiet Faraiya/Mzar hinauf.
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Der nächste Tag führt uns an der Küste entlang in den Norden Libanons. Nach zwei Autostunden erreichen wir Miziara. Ahnlich wie Ghosta liegt es auf ca 750 m über dem Mittelmeer. Neben dem Startplatz steht, von der Ferne gut zu erkennen, ein Jumbo! Von Nahem aus stellt es sich als ein Wohnhaus in Form eines Jumbos heraus. Verrückt, aber nichts ist hier unmöglich. Der Startplatz ein Gedicht. Gras wächst hier, flach und einfach. Zum Toplanden gut geeignet. Wir treffen hier den libanesische Crack der XC Szene. Ziyad, Sohn reicher Eltern, hat einen Fahrer, der das Wetter besser kennt, wie alle anderen libanesischen Piloten zusammen, so lautet eine Geschichte über ihn... Ziyad ist natürlich schon in der Luft, als wir eintreffen. Wir folgen ihm und fliegen solange es Spass macht. Toplanden, um zu trinken, es ist gut warm auch in November noch. Gesättigt vom Fliegen finden wir uns dann auf der Strasse ins Gebirge wieder.
Wir fahren in das christliche Maroniten Gebiet um das Tal Qadisha. Die Zedern Libanons, das Nationalsymbol steht hier noch auf einen halben Hektar. Alte, mächtige und erhabene Baumsenioren gruppieren sich für die heutigen Bewunderer. Schon die alten Ägypter nutzen diese Bäume für ihre Bauten. Wir passieren sie schnell auf dem Weg zum Startplatz an der Passstrasse Richtung Bekaa Ebene. In einer Kehre startet Andreas, unser "einheimischer" Führer schon mit minimalen Rückenwind von der Bekaa Ebene. Aber als Libanon - Fan gibt es nicht besseres, als an den "Zedern" zu fliegen. Am Landeplatz sind bereits jetzt die Baumriesen für die Zukunft gepflanzt. So, wieder ist ein Tag im Libanon Geschichte und wird von einem Abendessen am Kaminfeuer abgerundet.
Das maronitische Tal um den Ort Bcharre wurde von Syrien nie besetzt. Die Talein- und -ausgänge konnten die Syrer kontrollieren, nicht jedoch die Ortschaften selbst. Aus Angst vor einem blutigen Massaker blieben sie draussen. Die Maroniten flüchteten im 7. Jahrhundert in dieses Tal, weil es strategisch so gut zu verteidigen ist. Im von steilen Felsen geschützten Talgrund liegen viele Klöster und Eremitagen. Auch Kahlil Gibran (* 6. Januar 1883 als Gibran Khalil Gibran arabisch جبران خليل جبران, DMG Ǧibrān Ḫalīl Ǧibrān in Bischarri, Libanon; † 10. April 1931 in New York City) ein libanesisch-amerikanischer Maler, Philosoph und Dichter, hat ein expressionistisches Museum hier. Sehenswert an eine thermikschwachen Vormittag.
Nach dem kulturellen Teil führt unser Weg wieder in die Berge. Weitere Startmöglichkeiten gilt es zu erkunden. Nach Osten in die Bekaa Ebene ist so eine Option. Doch der Wind schlägt uns eine andere Variante vor. Schwache herbstliche Mittagsthermik lädt uns zu einem kurzen Flug zu und über die Zedern ein. Unser Fahrzeug wird von einem freundlichen Libanesen mit ins Tal genommen. Ein Menousche Mittagssnack im Cafe "Parapentiste" neben dem Landeplatz sorgt
Die Woche im Libanon neigt sich leider dem Ende entgegen. Doch einen Höhepunkt kultureller Art liegt noch vor uns. Eigentlich wollen wir östlich in die Bekaa Ebene Richtung Baalbek hinabfliegen, aber leider herrscht der übliche Westwind. Also fahren wir nur an dem Landeplatz bei Ainata vorbei und dann weiter nach Baalbek, ein Muß. Hier finden wir riesige Tempelanlage. Ihre Ursprünge verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Fest steht, dass bereits die Babylonier und Phönizier hier Heiligtümer errichtet hatten. Es ist wahrscheinlich, dass die Tempelbauten einst dem Baal oder Moloch geweiht waren; die heute noch vorhandenen Überreste sind ohne Zweifel römischen Ursprungs. Die Anlage umfasst guterhaltene Tempel, wie z.B. der Bacchus-Tempel, der größer als die Akropolis in Athen ist. Die sechs 20 m hohen Säulen des Jupiter-Tempels sind ein Wahrzeichen des Libanons (neben der Libanonzeder). Auch ist Baalbek bekannt für seine gigantischen Steinblöcke, die als Fundament dieser Tempelstadt dienen. Der größte Stein (größter Baustein der Welt) ist ca. 21,36m lang, 4,33m hoch, 4,6m breit und wiegt nach jüngsten Schätzungen etwa 1500 Tonnen.
Nach einer Stunde maximaler Kultur zieht es Andreas wieder auf die Strasse. Noch haben wir eine Rechnung offen in Hammana, das sich auf dem Rückweg nach Beirut befindet. Schwacher Wind am Startplatz aus der richtigen Richtung. Und schon schwebt ein bunter Schirm am Himmel über dem Libanon.
Fazit: an die Nachkriegsaura kann man sich gewöhnen. Toll ist das Nachtleben in Beirut, einzigartig im Orient. Fluggelände gibt es ausreichend. Wie bei uns passt auch hier der Wind nicht immer, aber im November so toll aufdrehen und fliegen zu können ist schon eine Reise wert! So, liebe Pessimisten, Bremser und Saunauntensitzer: Das tolle Abenteuer in diesem so fremden und schwer ergründlichen Land mit gastfreundlichen Bewohnern werdet ihr nie erleben. Eigentlich schade, denn nächstes Jahr wird FlyART eine Reise an die Zedern anbieten.
Die erste Zedern Tour hat im November 2010 stattgefunden. Hier die ersten Bilder:
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