Kolumbien 2013
„Das Lomo, Lomo, Lomo Team“ auf ReiseHeute am Sonntag tummeln sich hier mindestens 8 Tandempiloten, die ca. alle 20 Minuten landen, einen neuen Passagier erhalten und erneut in den Aufwind starten. Organisatorisch klasse gelöst: Über Lautsprecher werden in der Startplatzwirtschaft die nächsten Passagiere ausgerufen und in den abgesperrten Bereich des Startplatzes geleitet. So starten und landen alle 20 Minuten ein Pulk von Tandems. Wir, noch übernächtigt und mit der Höhe und Zeitverschiebung kämpfend, beobachten das Treiben respektvoll. Die Tandempiloten haben es wirklich gut drauf: im Aufwind des Startplatzes zu landen, schnell den neuen Passagier anschnallen und dann mit einem Helfer so zu starten, das der Mitflieger/in keinen Schritt laufen muss. Nur der Steirer Franz, Jürgen und Gustavo, unser Argentinier, fühlen sich fit genug, um hier zu fliegen.
Der nächste Tag bringt uns mit einem Bus nach Bucaramanga zu Richi. 410 km legten wir in ca. 8 Stunden zurück. Unterbrochen wurde die Fahrt durch einen spektakulären Ausblick ins Chicamochatal mit Regenbogen!
Bei unserer Ankunft in Bucaramanga fliegen die letzten Piloten noch in der Dämmerung, wir haben mittags zu lange gegessen und müssen uns mit der Fliegerei auf den nächsten Tag vertrösten. Direkt neben dem Start/Landeplatz ist unser einfaches Hostal, näher habe ich noch an keinem Startplatz übernachtet. Morgens direkt nach dem Aufstehen bereitet unsere Muchaca uns einen heißen Kaffee, gefolgt von einem Frühstück mit Obst und Eierspeisen oder ähnlichem.
Ab 10 Uhr bewegen wir uns zum Startplatz. Während der Woche ist hier nicht viel los, doch es gibt 2 Haupflugzeiten, wie uns Richi erklärt: "Vormittag, wenn die ersten Pulks mit Geier in der Thermik aufsteigen und nachmittags ab ca. 16.00 dynamisch im gleichmäßigen Aufwind..."
So bereiten sich also einige auf ihren Flug vor, ich warte dann ca. 20 Minuten auf meinen richtigen Startzeitpunkt. „Hoass ist´s und in die Fliegerklamotten verreggst“ meint unser leicht schwyzerdütsch sprechender Argentinier Gustavo. Aber das Warten lohnt sich für mich. Der Start in den Aufwind und bei aufsteigenden Geier ist die Garantie für einen längeren thermischen Flug. Flugs bin ich an der Basis und habe einen tollen Blick über den großen Talkessel von Bucaramanga. A´ Stünderl später lande ich begeistert wieder oben ein. Raus aus den Klamotten ist die erste Aktion (hoass ist`s), dann den Kollegen beim Starten helfen, die jetzt endlich „aufgewacht“ sind. Nicht alle erwischen den Startzeitpunkt so gut, der offizielle Landeplatz ist groß und gut erreichbar, wenn man auch rechtzeitig von Hang weg fliegt, nicht wahr, Franzl. So wurde auch der Shuttleservice getestet, er funktioniert gut. So hat der ein oder andere noch eine zweite Flugchance am Vormittag.
Die Mittagspause verbringen wir in der Startplatzrestauration, wo Pablo uns nette Kleinigkeiten serviert. Pablo ist auch „Piloto“,allerdings ohne eigener Ausrüstung.
Am Nachmittag spielt der exakte Startzeitpunkt keine Rolle mehr. Ein annähernd gleichmäßiger Aufwind lässt uns jubeln. Zweimal vor dem Startplatz „jiggi..jaggi“ (hin und her, O-ton Dieter) und schon hast du ihn überhöht und gleitest jetzt sanft im Aufwind an einer lange Geländekante dahin. So kannst du dann bis zur Dämmerung in der Luft bleiben und dich wirklich satt fliegen. Die Krönung des Fluges ist dann die finale Toplandung. Einige Piloten reizen die schwächer werdenden Aufwind zu lange aus und kommen gerade nicht mehr auf die Startplatzhöhe. Nachteil dieser Aktion ist, das du eine Viertel Stunde später zu deinem Landebier kommst.
Gustavo hat sich mittlerweile mit Pablo abgesprochen. Wir können abends seine Küche zum "Lomo" braten benutzen. Pablo hilft allerdings auch noch fleißig mit, denn mit der Zubereitung von Rinderfilet hat er noch keine Erfahrung. So grillen und garen wir uns Abends ein phantastisches Essen, begleitet von Wein und Bier.
In diesem Fliegerparadies bleiben wir vier Tage. Unterbrochen wird diese Zeit durch einen Ausflug ins Valle de Chicamocha, genauer zum PANACHI - PARQUE NACIONAL – PANORAMICA, einem Touristenzentrum mit Lift und vielfältigen weiteren Betätigungen. Wir biegen von den Hauptstraße in einen staubigen Feldweg ein, der uns zu einem genauso staubigen Startplatz oben am Kamm führt. Wir genießen einen tollen Blick in den großen Canon. Kaum erscheinen wir, werden alte Tandemschirme aus einem Verschlag geholt und am Startplatz flächendeckend ausgebreitet. So bleiben unsere schönen bunten Schirm annähernd staubfrei. Klasse Idee,...san scho Hund, die Kolumbianer!
Richi gibt uns eine kurzes briefing... „bitte landet auf der richtigen Seite vom Rio... und die Winde im Tal können wechseln“, deshalb fliegt er mit einem Passagier als erster und hält eine Windfahne am Landeplatz, ein Stück Piste nahe am Rio, für uns bereit. Der Wind ist schwach von vorne, es geht zum Fliegen, also ist mein Chili 3 schnell auf den alten Tandems ausgebreitet und los geht’s. Trotz des tiefen Tals trägt die Luft nicht so richtig. Die Thermik ist heute noch zu schwach für einen längeren Ausflug entlang des Gebirgskammes. Also mache ich ein paar Bilder aus der Luft und lande schließlich bei Richi im Chicamocha Tal. Brütende Hitze empfängt mich, also beschließe ich, nur noch in kurzen Hosen zu fliegen.
Nur der Steirer Franz fliegt länger und landet als letzter. Der Landeplatz liegt innerhalb einer Minning Area, wir haben gegen Entgelt unser Auto zur Kantine der Arbeiter fahren dürfen. In der Hitze.. „da verreggst“ so Gustavo, ist es sehr angenehm, nicht zur Strasse hoch laufen zu müssen. Auf der Rückfahrt gibt es noch feinen Fisch aus dem Rio. ...und am Abend noch eine kurzen Soaringflug in Bucaramanga.
Unsere weitere Reiseroute führt uns zu karibischen Teil von Kolumbien, also in den Norden zur Atlantikküste, Fliegerisch eine Nullnummer, touristisch ist Cartagena ein Hit.
Zu den Hochzeiten der Spanier war es ihr Haupthafen und hier wurde alles indianische Raubgold zusammengetragen und nach Europa verschifft. Millionenwerte lagerten hier und das zog natürlich Piraten an. Also wurde große Befestigungen um die Stadt gezogen sowie eine Burg errichtet, die niemals eingenommen wurde. Der Engländer Francis Drake gelang es, Cartagena mehrfach zu erobern und auszurauben. Heute noch ist die Altstadt im Original erhalten und stellt einen wunderbaren Kontrast zu allen anderen neuen Ortschaften dar.Nach einer Woche Küste, Hitze, Faulenzen, Rumtrinken ist die Lust zum Fliegen wieder da. Wir fliegen nach Medellin, der einstigen Hochburg des Drogenbosses Escobar. Richi holt uns am Flughafen mit seinem Bus, Fahrer und Pablo, unseren bewährten Koch, sowie einem Teil unserer deponierten Schirme mit der Kennzeichnung „Lomo, Lomo, Lomo Team“ ab. Ab dem Moment ist das unser Gruppenname. Am späten Nachmittag fahren wir durch das Verkehrsgewühl Medellins zum Startplatz. Nach einer abenteuerlichen Auffahrt hoffen wir auf guten Wind am Start. Nun, schwach, aber gut startbar. Nach einer kurzen Einweisung eines einheimischen Guides sind wir auch schon in der Luft. Am Hang selber habe ich fast Befürchtungen, den Landeplatz nicht zu erwischen. Also ab über das Tal und siehe da, wir haben über Medellin Umkehrthermik von feinsten. Bis zu 2,5 m/s steigen zeigt das Vario an. Jetzt sammeln wir uns alle über dem Landebereich und fliegen bis in den Sonnenuntergang. Der Landplatz ist tricky. Beim Näherkommen sehen wir "Precipantes" beim Üben. Im gleichmässigen Aufwind starten sie an einem kleinen Hügel, unserem Landeplatz, ihre Schirme, um gleich drauf wieder zu landen. Abschüssig und Gegenwind: also sehr niedrig den Landeplatz anfliegen und das im Aufwind: keine leichte Aufgabe, da der Landebereich auch recht kurz ist und dann in ein Häusermeer abfällt. Die Precipantes stellen ihre Flugversuche bei unseren Anflügen und Landungen ein. Es sind Jugendliche, die mit alten Schirmen den Beginn ihrer Fliegerkarriere zelebrieren. Wir sind zu acht heil am Boden angekommen, jetzt helfen uns die Kids beim Zusammenlegen der Schirme. Die Entlohnung ist sicher ein Baustein für einen ersten eigenen neuen Schirm.
Am Abend gibt es wieder das begehrte Lomo, gekocht in unserem Hostal auf einem großen Grill. Pablo hat alles fest im Griff.
Am nächsten Vormittag fahren wir ins Rio Cauca Richtung Santafé de Antiquia. Dort ist auf einem Bergrücken ein versteckter Startplatz, den man nur mit einem local guide findet. Der Wind weht schon thermisch. Also packen wir unsere Schirme aus und starten Einer nach dem Anderen auf dem kleinen Platz. Nach einem ruhigeren Flug landen wir diesmal auf einem großen Landeplatz.
Einen Nachmittagsberg gibt es auch noch, dafür müssen wir aber eine lange, aber schmale holzbelegte Brücke passieren. Spannend, ich gehe lieber zu Fuß über den Rio Cauca. Dieser Nachmittag gestaltet sich leider etwas anders wie gedacht. Wir bereisen mitten in der Regenzeit Kolumbien, doch bisher hatte das außer in Bogota keinen Einfluss. Jetzt erwischt uns aber ein Gewitter, so dass wir nicht mal zum Startplatz fahren. Im Dorf hat es Abwinde, aber längst nicht so heftig wie wir es hier in Europa gewohnt sind. Stattdessen kaufen wir in der Dorfmetzgerei unser Lomo ein.
Medellin ist auch abends für Überraschungen gut. Wir wohnen nahe der Partymeile und begeben uns dort auch hin. Kolumbien ist ein junges Volk. Tausende Vergnügungssüchtiger, nett gekleidet, tummeln sich hier in einem Viertel voller Kneipen, Discos und sonstiger Lokale. Für uns ist es jedoch schwierig, mit den Youngsters in Kontakt zu kommen, sprechen sie doch alle hervorragend Spanisch....
Wir verlassen Medellin in Richtung Süden und checken zwischen drin noch ein Fluggebiet im Cauca Tal. Der Startplatz wird gerade frisch geformt, die harte Kante wird gebrochen und gerundet. Im Aufwind ein perfekter Platz. Doch leider bildet sich neben uns ein Gewitter, so dass nur Pablo und der Steirer Franz sich in die Luft schwingen. Auch hat die Meldung, Schlangen könnten im hohen Gras des Landeplatzes sich verstecken, unsere Fluggier gebremst. Dafür bringt uns ein netter kolumbianischer Pilot aus dem Nachbardorf 3 gebratene Hühnchen, hier oben am jetzt kühlen und nieseligen Startplatz eine Delikatesse.
Nach diesem kurzen Abstecher fahren wir bis in die Nacht hinein über kurvenreiche Autobahnen und Landstraßen, bis uns eine Panne an den Straßenrand zwingt. Ein Kontakt in der Motorsteuerung war korrodiert und hat jetzt seinen Dienst versagt. Ein herbeigerufener Autoelektriker findet dieses Problem auch wirklich, es Samstag Abend um ca.22.00 Uhr. In Kolumbien ist vieles möglich. So kommen wir spät abends in Ansermanueva an und fallen hundemüde ins Bett.
Ich wache von einem angenehmen Kaffeeduft auf. Wir haben ein ganzes Haus nur für uns und dazu noch eine freundlichen Bedienung in Form von einer weiblichen Geschwistergruppe, wie sich noch herausstellen wird. Ein großer zentraler Raum dient dem Essen, im Garten findet sich ein toller Pool. Das Frühstück lässt nicht lange auf sich warten. Gutes tropisches Obst, geschält und geschnitten, Eier nach Wunsch, Käse, Wurst, was das Herz begehrt.
So gestärkt können wir zum Fliegen aufbrechen. Nach einer kurzen Landeplatzbesichtigung fährt uns - zusammen 11 Mann - ein zweisitziger Willys Jeep zum Startplatz. Wir sitzen auf dem Dach und hängen an allen Seiten des Autos, der uns aber brav und kräftig nach oben kurvt. Auch hier wieder ein toll gepflegter Rasen zum Starten, ein Haus mit Snacks und Getränken. Da die Basis am Anfang niedrig und es auch leicht feucht in der Luft ist sind wir froh über einen überdachten Sitzplatz.
Kaum erreicht die Basis unseren Starthügel, ist der erste Tandempilot in der Luft. Wir schauen uns dies kurz an und bereiten uns dann auch vor. Heute am Sonntag veranstalten die einheimischen Flieger einen kleinen Wettbewerb. Es geht ums Ziellanden, ...und wenn man sich nicht anmeldet, kann man auch nicht gewinnen... Ist man angemeldet, triff man den Punkt nicht...oder. ?
Das Überraschende waren unsere Frühstücksschwestern: Hatten sie doch an den Landeplatz etliche kalten Biere getragen und sie uns angeboten!! Zurück zu unserem Haus und ins Wasser gesprungen – eine tolle Erfrischung in der Hitze von Ansermanueva. Ursprünglich wollten wir hier drei Nächte bleiben, aber dieser Ort erschien uns so schön, das wir um einen Tag unseren Aufenthalt verlängerten. Abends gab es entweder Lomo oder Rumparty. Unsere „Frühstücksschwestern“ vermehren sich... es sind vier, wie wir nach einiger Zeit herausfinden konnten. Sie helfen uns und gestalten unseren Aufenthalt wirklich angenehm. Auch unsere Flüge sind immer gut. Oft sind wir über eine Stunde in der Luft, Toplanden gehört auch dazu. Die Basis ist recht niedrig, aber so knapp unter den Wolken zu fliegen hat auch was.
Unsere nächste Station soll Roldanillo sein, nur gute 40 km entfernt. Den ursprünglichen Plan, dorthin zu fliegen schaffen wir gemeinsam nicht, also setzen wir uns ins Auto und fahren in den Austragungsort mehrere PWC´s. Am ersten Tag hier fahren wir mit einem abenteuerlichen Bus zum Startplatz. Wir stehen mitten in der Wolke, die Lokals meinen aber, das in eine halben Stunde alles zum Flug bereit sein. Meinen eigenen Prognosen zum Trotz dauert es vielleicht 45 Minuten, aber dann haben wir Sicht ins Tal, anstehenden Wind und schwache Thermik. Ein großer Landeplatz lässt uns entspannt landen.
Am Nachmittag fahren wir zu einer Kaffeefarm, sind wir doch im Cafetera, dem Hauptanbaugebiet in Kolumbien für besten Arabicakaffee. Wir lassen uns alles erklären, von der Aufzucht der Kaffepflänzchen bis zum „Toasten“ des fertigen Kaffeebohnen. Für mich als Cafeliebhaber waren es interessante Stunden.
Am unserem letzten Gleitschirmtag fahren wir auf den Wettkampfstartplatz. Es sieht aus wie Kraut und Rüben, doch im Januar beim PWC soll alles bestens sein, auch die Pferde sind dann nicht mehr hier. Im Nebel besichtigen wir den Platz, dann kehren wir zu unserem Gefährt zurück. Eine weiter Gruppe mit Fliegern ist angekommen, die ersten Deutschen, die wir in den drei Wochen getroffen haben. Und die Fliegerwelt ist klein, ich kenne gleich drei Piloten davon. Über de Erfahrungsaustausch vergessen wir fast die niedrige Basis. Sie hebt sich mittlerweile beträchtlich. Also gehen wir wieder nach oben, breiten unsere Schirme zum letzten Flug in diesem Urlaub aus und lassen es uns in der Luft noch richtig gut gehen. Oft über eine Stunde umkurven wir die Wolken drehen nach Belieben auf, „treffen“ uns in der Luft, kurbeln zusammen die Bärte aus und haben so richtig Spaß. Noch im Landeanflug im Cauca Tal zieht mich eine Thermik von 100 m. über Grund bis weit nach oben, ich könnte den Flug noch richtig verlängern. Aber dann ist es doch gut! In Äquatornähe muss die Thermik nicht unbedingt am Hang sein, steht die Sonne doch senkrecht über dem Flachen.
Der Abschied von kolumbianischen Fliegen fällt uns schwer, wir verabschieden uns von Ritch, Pablo, dem Koch und dem Fahrer am Flughafen von Armenia. Bogota empfängt uns nach einem kurzen Flug 15 Grad kälter und mit Regen. Doch einen Höhepunkt anderer Art hält die Hauptstadt noch bereit.
Wir besichtigen das Museo de Oro. Filigrane Goldarbeiten der Ureinwohner, die nicht von den Spanieren gewaltsam geraubt wurden, sind zu bewundern. Echt sehenswert ist diese phantastische Ausstellung. Und nicht nur deshalb lohnt sich eine erneute Reise in dieses tolle Fliegerland mit seinen sanften aber guten Thermiken, Soaringmöglichkeiten, kompetenten Guides und lieben, hilfsbereiten Menschen.c by Klaus
..und hier noch einkurzer Überblick über die Reiseroute: