Sauanstrengend und lang

Im Dezember 2007 mit Wini und Uli.

 Blick auf den Aconcagua

Blick auf den Aconcagua

Blick auf den Aconcagua

Es ging so los: Wini, ein befreundeter Gleitschirmflieger aus Bad Tölz, fragte mich eines Tages: "Kommst du mit auf einen 6.000 er in Südamerika?". Nach kurzer Rücksprache mit meiner Familie sagte ich recht spontan zu. Einige Wochen später stellte sich der 6000er als der Aconcagua mit 6.962 m heraus. Jetzt überlegte ich doch noch einige Tage ...

... und sagte dann endgültig zu.

Am 8.12.2007 war unser Abflug nach Santiago de Chile. Dort angekommen gings gleich weiter nach Mendoza in Argentinien. Dort haben wir dann einen Tag lang alles notwendige organisiert. Unter anderem: Permit für Nationalpark, Essen, Brennmaterial, Transporte mit Auto und Mulas, Zelt und HP im Basislager.

Wir waren nach 9 Tagen - vom Erreichen des Eingangs des Nationalparks an gerechnet - auf dem Gipfel. Es war sauanstrengend und lang. Am Gipfeltag bin ich etwa 10 Stunden aufwärts und dann nochmal etwa 4 Stunden abwärts gegangen.

Das ist die kurze Version.

Die Langversion

Wir starten die Tour am Puncta del Inka, an der Passstrasse zwischen Santiago und Mendoza. Nach Eselsuche wurde unser schweres Gepäck, inklusiv 2 Gleitschirme, auf Maultiere verladen. Wir marschierten am Spätnachmittag los in Richtung des Lagers Confluencia, Höhe 3.300m. Der nächste Tag war für eine Wanderung auf 4.200 m eingeplant. Das Lager Francia war das Ziel. Dort hatten wir eine super Aussicht auf die Südwand des Aconcagua. Zur Akklimatisation ein schöner Trip. Abends waren wir dann wieder zurück im Confluencia. Der dritte Tag brachte dann einen langen, anstrengenden Aufstieg durch das Tal des Horcones mit ca. 20 kg Gepäck im Kreuz. Am Endpunkt des Weges fanden wir dann das Plaza de Mulas auf 4.320m.

Nach einem Ruhetag stiegen wir dann an unserm 5 Tag erstmals weit über 5000 m auf. Wir trugen 2 Zelte, Verpflegung und Brenner in das Hochlage Nido de Condores. Es befindet sich auf eine großen Hochebene auf 5.500 m. Nach knapp 4 Std. Aufstieg bei Sonnenschein und recht warmen Temperaturen bauten wir oben die Zelte auf, beschwerten sie mit großen Steinen gegen den heftigen Wind (das war richtig anstrengend in der Höhe!) und deponierten Essen und Brenner. Nach einer anstrengenden Stunde verließen wir das Hochlager wieder. Ich konnte mir eigentlich nicht vorstellen, das ich noch höher steigen wollte, so gering war der Sauerstoffgehalt der Luft. Den nächsten Tag verbrachten wir als Ruhetag im Plaza de Mulas.

Über Nacht fiel etwas Schnee und der 7. Tag brachte dann wieder eine anstrengenden Aufstieg ins Hochlager. Im Rucksack hatten wir diesmal Schlafsack und Isomatte. Wir wollten oben übernachten, dann nochmals absteigen, um dann an 2 weiteren Tagen bis zum Gipfel vorzudringen. Der zweite Aufstieg ins Nido war wegen des Schnees wesentlich anstrengender als zuvor. Oben war alles ok. Wir fanden Zelt mit allen deponierten Sachen darin. Die Wettervorhersagen waren für die beiden nächsten Tage gut. Wenig Wind und spät einsetzende Bewölkung. Also entschieden wir uns für einen Ruhetag im Nido, damit sparten wir uns einen weiteren Aufstieg von Plaza zum Nido. Den Ruhetag nutzen wir zum Auffüllen der Vorräte, die wir am Gipfeltag brauchen werden. Wasser Kochen zum Essen und Trinken war also angesagt.

Gipfeltag

So gingen wir dann am neunten Tag morgens um ca. 4.15 Uhr im Dunkeln Richtung Gipfel Aconcagua los. Da wir später als geplant wach wurden, verzichteten wir auf ein Frühstück, das sicher ungemütlich gewesen wäre. Also ohne Frühstück dafür mit der fetter Daunenjacke und Daunenhandschuhen wie Boxhandschuhe, dicken und warmen Bergschuhen, Überhosen über Überhosen und Daunenmütze, Stirnlampe und Rucksack mit Proviant, Steigeisen und Reserveklamotten stapften wir als erste Gruppe los. Bald waren meine Freunde Wini und Uli weit vor mir. Das Campo Berlin erreichte ich bei Sonnenaufgang. Tolle Stimmung, die Anden von fast 6.000m Höhe zu betrachten. Mein Minimalziel hatte ich somit schon schnell erreicht: die 6.000m Grenze hatte ich schnell überschritten. Aber es war noch mehr drin. Es war anstrengend, schon auf dieser Höhe, aber es ging immer weiter, wenn auch immer langsamer. Ich fühlte mich wohl, technische Schwierigkeiten gab es keine, der frische Schnee bremste, aber stabilisierte den sonst lockeren Untergrund. Eine steile Passage, die "Canaletta" auf über 6.500m hatte es in sich. Die Steigeisen legte ich erst ca. 300m. unter dem Gipfel an, zu Beginn der gefürchteten Canaletta. Langsam, sehr langsam kam ich nur noch voran. Viel Zeit verging von mir unbemerkt. Meine Freunde kamen mir schon wieder entgegen und ich hatte immer noch ca. 200 Höhenmeter vor. mir. Aber so langsam wie es eben ging, erreichte ich als letzter an diesem Tag den Gipfel.

 zur Canaletta

zur Canaletta

zur Canaletta

Es war etwa 3 Uhr. Völlig erschöpft, aber auch beim Fotografieren wieder schnelle erholt, as und trank ich am Gipfel, die Aussicht siehe Bild, war nachmittags nicht mehr so schön, wie zur Mittagszeit. Nach einer kurzen Viertelstunde am Gipfel auf 6.962m. machte ich mich wieder auf den Weg nach unten.

Am Rucksackdepot zu Beginn der Canaletta zog ich die Steigeisen wieder aus, und dann ging es auf eine 1.000 m tiefen, verschneiten Sandreisn nach unten. Die insgesamt 1.400 m abwärts kosteten mich nochmals gute 4 Stunde Zeit. Den Abstieg konnte ich durch die tollen Wolken, Sonnen- und Schatten- sowie Landschaftsbilder super geniessen. Bei Sonnenuntergang traf ich dann im Nido erschöpft und glücklich ein. Noch zwei Becher mit heißer Flüssigkeit und schon war ich im Schlafsack fest eingeschlafen.

Der nächste Tage war erfüllt mit dem Abbau unserer Zelte im Nido. Der Rucksack zum Abstieg hatte mindestens wieder 20 kg. Das galt es jetzt zum Plaza hinunter zu tragen. Kräftemassig kein Problem, der Sauerstoffgehalt des Blutes kam in lange nicht erreichte Höhen. Uns ging es immer besser...
Der Abend brachte ein tolles, gutes Essen im Plaza und schon machten Wini und ich Pläne für den nächsten Tag.

Start und Flug am Aconcagua

Nach einer erholsamen Nacht und weiterhin guten Wetter setzten wir die Pläne des Vortages um. Alles Unnötige verpackten wir in den Säcken für die Mulas, nur unser lange verstecktes Fluggeräte durfte jetzt mit auf den Berg. So stiegen mein Cayenne 2 und Wini´s Sigma wieder in Richtung Nido auf. Das war jetzt nach dem Gipfelaufstieg viel leichter wie vorher. Kurz unterhalb vom Campo Canada breiteten wir sorgfältig die Schirme auf knapp 5.000m aus.

Dann starten wir auf dem riesigen Schotterhang in die dünne Höhenluft. Auf eine längeren Startlauf hatte ich mich eingestellt, aber nach 4 -5 m Startlauf war der Wind an der Kappe deutlich stärker als am Boden. Also war ich "schwupp di wupp" airborn. Im Aufwind vor dem Startplatz habe ich dann ein paar Runden für den Fotografen gedreht und bin dann am Aconcagua entlanggesegelt. Es ist ein riesiger Berg und du fühlst dich auch in
der Luft daneben klein und unbedeutend.

Aber dieser Flug ist mein persönlicher Höhepunkt unser Aconcagua Tour. Fliegen statt Laufen!! und das ca. 25 km weit. Alle anderen, die wir auf unserem Aufstieg kenngelernt hatten, sahen uns jetzt wohl neidisch zu, wie wir über sie - beim langen Zurückwandern -
hinwegflogen.

Die Sonne steht dort z. Zt. senkrecht am im Zenit, also war die Thermik entgegen europäischen Gepflogenheiten auch eher in der Talmitte, dafür aber kräftig und turbulent. Auch das Fliegen in einer hochadinen Umgebung ist seltsam: keine Bäume und Sträucher zeigen dir einen Maßstab an. Am Hang entlang fliegen oder noch schwieriger dort zu drehen. Durch die dünne Luft fliegst du deutlich schneller und dann noch ohne Maßstab: Es war einer meiner aufregendsten Flüge, ich habe nicht ein Bild gemacht. Dafür ist dieser Flug fest in mein Hirn eingebrannt.

Die Landung setzten wir am vorausgeplanten Ort in einem breiten Talabschnitt an. Wini, mein fliegender Bergkamerad landet kurz nach mir an selber Stelle. Beim Zusammenlegen der Schirme wurde der Wind im Tal immer stärker und wir waren froh, am Boden zu stehen. Noch eine kleine Wanderung von knapp 10 km und wir erreichten den Ausgangspunkt unserer Tour.

Am Abend haben wir dann riesige Stücke Fleisch, man nennt das hier Lomo oder Churizco oder so ähnlich, jedenfalls habe ich noch nie in meinem Leben so viel Fleisch auf einmal, mit Vor - und Nachspeise, gegessen!

So, jetzt folgt noch eine und eine halbe Woche Mendoza mit Spanisch lernen und Fliegen.

Dank an Wini und Uli, Sigi, Björn und alle Freunde, dir mir moralisch beim Aufstieg geholfen haben!

Copyright by Klaus, Januar 2008