Rund um die Sierra Nevada

Eine Anleitung zum Reisen mit dem Schirm

 Start Oriva

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Du hast bereits die ein oder andere betreute Gleitschirmreise mitgemacht, kennst deine Heimatberge in- und auswendig und willst jetzt deine Reisen mit größeren Abenteuerfaktor selber organisieren. Klaus Schwarzer, langjähriger Reiseorganisator und Flugschulinhaber von FlyART möchte dir am Beispiel seiner letzten Reise um die Sierra Nevada in Südspanien das Vorgehen erläutern.

Im Vorfeld ist abzuklären, wer alles dabei sein will, Zeitraum, Ort/Region und Dauer der Tour. Wir entschieden uns, als Zweiergemeinschaft den Süden Spaniens, genauer die Sierra Nevada Anfang Februar für 10 Tage zu erkunden. Der Plan war, die Sierra umrunden und möglichst viele Fluggebiete kennenlernen und befliegen.

Diese Grundsatzentscheidung wird dann zuhause mit weiteren Informationen unterfüttert: Was ist der geschickteste Ausgangsort/Flughafen, Transporte im Land, Übernachtungsmöglichkeiten. Wo sind die Fluggebiete mit Start- und Landeplätzen, Welche Informationen bekomme ich vor Ort, welche Hilfsmittel kann ich mitnehmen. Schnell ist klar, das wir nach Malaga fliegen, einen Mietwagen holen und dann in Hostals o.ä. übernachten werden. Die erste Nacht buche ich gerne von zu Hause aus. Wie und wo finde ich Informationen über die Fluggebiete der Region? Es gibt etliche Fluggebietsführer, die einiges an Infos bereithalten. Die Datenbank des DHV hat etliche Flugmöglichkeiten nüchtern dargestellt und dann gibt es im Netz Seiten wie paraglidingstart.com, die Fluggebiete in der Karte mit entsprechenden Wetterinformationen verknüpfen. Genial für die Planung!

Wie aber finde ich in einen fremden Land, dessen Sprache ich ev. nicht spreche, zu den oft versteckten Start- und Landeplätzen? Dazu haben wir ein Navi mitgenommen, was netzunabhängig arbeitet. Über manchmal recht holprige Wege werden wir damit fast jeden Platz, den wir zum Teil über Koordinaten eingeben haben, finden.

So vorbereitet mit Navi, Wlan oder internetfähigen Smartphone, PC, oder „Brett“, Kopie aus Fluggebietsführern, Straßenkarte und Flugausrüstung! ziehen wir los. Am ersten Abend in Südspanien planen wir mit windyty.com, paraglidingstart.com und dem Navi unseren ersten Flugtag am westlichen Rand der Sierra. Der nächstgelegen Startplatz (lt. paraglidingstart)eignet sich bei dem vorhergesagten Nordwind. Die Koordinaten finden wir über den link zur DHV Datenbank. Achtung hier auf das Datenformat. Die DHV Daten vom Lande- und Startplatz geben wir ins Navi ein. Die Startplatzhöhe wird mit 1150 m angegeben. Die hinterlegten Karte beim DHV eignet sich auch zur groben Orientierung. Doch bereits am nächsten Morgen zeigen sich die Probleme unserer Vorbereitung: Unser Navi führt uns an den Fuß des Berge in eine Neubausiedlung. An einem Kreisel weist es in Richtung Berg, aber eine Straße oder Weg gibt es hier nicht! Also lassen wir unser Auto stehen und gehen zu Fuß mit unserer Leichtausrüstung auf den Berg. Die 350 Höhenmeter sind schnell bezwungen, oben finden wir auch gleich den Startplatz an einem Aussichtspunkt auf einer Feuerschneise. Die Windrichtung passt, doch die Stärke ist deutlich zu hoch bei dem steinigen Untergrund. Also kehren wir nach diesem ersten Dämpfer um und schauen uns nach einem Ersatzgelände um.

Das am Vorabend sicherheitshalber einprogrammierte Cenes de la Vega bei Granada ist nicht weit entfernt und unser neues Ziel. Diesmal klapp alles. Mit Hilfe des Navis finden wir schnell zum Startplatz. Wir laufen die letzten 50 Höhenmeter hinauf und finden 3 Tandempiloten und einen Solopiloten auf einem großen einfachen Startgelände. Der Wind kommt leicht von vorne, so wie es sein soll! Die Spanier machen sich flugfertig, der Solopilot sagt uns in einem kurzen Gespräch, das er wieder zum Startplatz fahren wird und uns mitnehmen kann. Breites Grinsen auf unseren Gesichtern!

Wir können beide fliegen. Als vorletzter gestartet, sehe ich am großen Landeplatz bei Cenes de la Vega, neben der Hauptstraße, wie sich alle geparkten Autos in Bewegung setzen und mein Fliegerkamerad Uli weiterhin seinen Schirm zusammenlegt. War wohl nichts mit der „Mitfahrgelegenheit“. Kurz nach mir landet der letzte der Tandempiloten mit einer netten „Passageuse“. Da kein Auto mehr zu sehen ist, fragen wir sie, wie sie ihr Auto vom Berg holen wollen. „Zu Fuß, nach einem Landecervesa“ . Wir gehen mit zur Bar, unterhalten uns bestens mit dem Pärchen und bereiten uns mit einem Cervesa auf den Aufstieg vor. Doch auch in Spanien passieren Wunder. Unsere „Mitfahrgelegenheit“ erscheint aus dem Nichts und fährt uns hinauf zu unserem Auto.

Am Abend dieses erlebnisreichen Sonntags planen wir den nächsten Tag. Zwei Fluggelände suchen wir aus: El Caballo bei Durcal/Nigüelas ist mit dem Auto gut zu erreichen, liegt der Platz doch auf 2070 m und das weiter südlich gelegene Orgiva mit dem Startplatz auf 1400 m. Das Prozedere ist jetzt immer gleich: Wetter- /Windcheck, Auswahl des Geländes mit paraglidingstart und /oder mitgebrachter Literatur, Suche der Koordinaten in der Geländedatenbank, Eingabe derselben ins Navi.

Am nächsten Morgen rollen wir nach Durcal, kaufen beim „Mercador“, einem markanten Supermarkt ein. Dann fahren wir ca. 1200 Höhenmeter bergauf und suchen uns ein gutes Gelände zum Starten. Es ist Montag, also sind wir alleine und es kann nur einer fliegen. Wir vereinbaren den „Mercador“ als Treffpunkt. Zufällig ist daneben eine große planierte Fläche, die wir beim Einkauf nicht sahen, der größte Landeplatz unser Tour. Hier treffen wir uns nach einem schönen Flug und einer holprigen Abfahrt mit dem Auto. Nach einem Getränk mit Tapas geht es weiter nach Orgiva. Unterhalb der Ortschaft schauen wir uns zunächst den Landeplatz Los Tablones auf 330 m. in dem etwas unübersichtlichen Tal an, in dem auch noch ein Umspannwerk mit vielen Stromleitungen ist.

Jetzt geht es wieder aufwärts mit dem Auto. Richtung Trevelez führt die Straße zunächst, unser Navi lässt uns dann in einen guten Feldweg links abbiegen bis wir nach etlichen Kurven am Startplatz vorbeifahren. Nichts weist hier beim Fahren auf einen Startplatz hin. Nach einem Kilometer drehen wir um und genau an der einprogrammierten Stelle halten wir an und finden ein kleines Windfähnchen und etwas versteckt auch oberhalb des Weges einen guten Startplatz. Eine Hochspannungsleitung unterhalb des Weges stört dann mein Wohlbefinden beim Start. Gleich nach dem Start ist es thermisch. Direkt über der Leitung geht es natürlich am besten. Im Sommer knallt es hier richtig. Beim Flug ins Tal nimmt der Talwind langsam zu. Zusammen mit den vielen Stromleitung muss man hier zur Vorsicht mahnen.

Ich habe bisher bewusst Details erzählt, die nicht so direkt geklappt haben, aber im Großen und Ganzen sind wir zu unseren Flügen gekommen. Am Beginn des Gleitschirmfliegens in den 80 er Jahre wäre diese Art des Reisens - aktuelle gute Wetterdaten und danach die selbständige, autonome Wahl des Geländes - völlig unmöglich gewesen. Es war fast „Geheimwissen“, wo sich Start- und Landeplätze befanden, dementsprechend waren örtliche Führer wesentlich wichtiger als Heute. Doch halt, die Lokals wissen immer noch deutlich besser Bescheid über die örtlichen Flugbedingungen als unser elektronisches Wissen. Für die Einschätzung der Bedingungen höre ich mir immer gerne die Meinung eines einheimischen Piloten an. Diese sind aber nicht immer greifbar. Durch unsere insgesamt über 60 jährige Flugerfahrung konnten wir kritische Situationen vorausahnen, nicht fliegen oder einfach bis zum sicheren Start und Flug abwarten. Die heutigen Hilfen lassen das Fliegen in unbekannten Regionen demokratischer aber auch für den einzelnen Piloten verantwortungsvoller erscheinen.

Weitere Fluggelände, die wir erkunden, sind nördlich der Sierra bei Baza Zujar/Jabalcon. Hier findest Du große Startplätze nach Süd und Nord und große Landeplätze. Doch der Wind war für uns hier zu stark. Drachen starten gerne am Jabalcon.

Weiter geht es dann nach Huecija, von den Locals auch Eremita oder Alicun genannt. Nur ein Schirm kann hier im Nordosten der Sierra ausgelegt werden, bei NO/O Wind ein schönes Fluggelände. Der Landeplatz ist bei Bentarique im fast trockenen Bachbett des Rio Andarax. Drachen können hier gut starten, brauchen aber einen anderen Landeplatz.

Unsere Route führt uns dann an den Ostrand der Sierra an dem Fluggelände der Sierra Alhamilla (bei S/SW Wind) vorbei nach Cabo di Gata. Martin und Annika von Caboactiv empfangen uns herzlich. Gleich fahren wir zusammen mit Martin nach Las Negras, bei Ostwind ein perfektes Soaringgelände direkt am Meer. Ein 12 -15 km/h Ostwind empfängt uns hier. Perfekt! Martin geht einen kleine Hügel ca. 40 Höhenmeter hinauf, breitet seine Schirm im rauhen Gelände aus und startet vollendet in die Seebrise. Wir folgen gleich und zelebrieren einen vollkommen unerwarteten einstündigen Soaringflug an der vulkanisch und kalksteinigen spektakulären Steilküste. Bis auf 180 m. über dem Meer fliegen wir total entspannt in der laminaren Ostwind. Wir erkunden aus der Luft die phantastische Küste, lassen uns heruntersinken, steigen wieder auf. Ein tolles Spiel mit dem Wind, was wir hier erleben durften. Nach der Landung direkt neben dem Auto gehen wir mit einem breiten Grinsen unser Landecervesa trinken.

Unsere Tour führt uns aus dem fast wüstenhaften und oft als Filmkulisse genutzten Naturreservat Cabo e Gata an Almeria und dem Fluggelände Aguadulce (hier passt der Wind nicht) über der Autobahn vorbei nach Adra. Nördlich von Adra fahren wir durch Berja hindurch nach Castala. Am Landeplatz (rechts neben der Straße vor dem Ort) vorbei, geht es rechts in den Park von Castala und dann einen langen Feldweg immer aufwärts bis in einer Linkskehre ein offenes Tor ohne Gebäude dahinter auftaucht. Ca. 100m unterhalb befindet sich der Startplatz für S/SW Wind auf ca.1200m. Bei Westwind wird es holprig in der Luft! Einheimische fliegen von hier aus oft an der Sierra Südseite entlang weite Strecken. Weitere Fluggelände sind in der Nähe.

Almunecar mit seinen diversen nach Süden ausgerichteten Fluggeländen lassen wir links liegen, da unsere letzten Tage vom Nordwind geprägt sein werden. Wir fahren an Malaga vorbei ins Valle de Abdalajis und steuern den Ort El Chorro an. Unter Kletterern der Inbegriff für ihre Sportart in Spanien, wir suchen den kürzlich neu angelegten Caminitio de Rey auf. Doch wegen des Sturmes herrscht akute Steinschlaggefahr und damit ist der Weg geschlossen. An einer senkrechten Felswand führt spektakulär der neue Weg durch eine enge Schlucht, die Wasser in Verlauf der Geschichte dort hineingefressen hat. Sehenswert, aber nur mit vorheriger Anmeldung möglich. Die Nord- und Südstartplätze vom Valle de Abdalajis sind mit den entsprechenden Koordinaten und Navi leicht zu finden. Leider konnten wir bei dem starken Wind auch hier nicht fliegen. Am Ende unsere Tour besuchten wir noch Teba, ca. eine Fahrstunde nordwestlich von Valle. Der Nordstartplatz liegt neben dem Zentrum von Teba auf einem eigenen Hügel und ist mit dem Auto perfekt erreichbar, also auch für Drachen geeignet. Soaringflüge mit Toplandungen sind hier möglich. Start- und Landeplatz sind einfach.

Die beschriebene Planung unser Tour um die Sierra hat gut funktioniert und kann erfahrenen Piloten nur empfohlen werden. Mit geringer Erfahrung ist es doch recht riskant in einem fremden Land alleine zum Fliegen zu gehen. Ein Guide vor Ort hilft da schon viel, auch sind die einheimischen Piloten erfahrungsgemäß sehr hilfsbereit. Viel Erfolg bei Planung und Durchführung deiner Traumreise wünscht Klaus.


Infokasten:

Nach dem oben beschriebenen Procedere entfallen hier die Koordinaten der Fluggebiete.

– Hilfsmittel:

Internet-/Wlanfähiges Smartphone/PC, „Brett“, Internetunabhängiges Navi (Es gibt nicht überall Internetempfang im Gelände), Straßenkarte, ev. GPS/Garmin Gerät zur Navigation bei hike&fly Touren, Zugang zur DHV Geländedatenbank, paraglidingstart.com, windyty.com, Damit lassen sich alle erwähnten Gelände finden, mit Ausnahme von Las Negras. Achtung: den Windangaben von paraglidingstart.com ist nicht immer zu trauen. Sie sind deutlich zu niedrig während unserer Tour angezeigt worden.

- Kurzcharakterisierung der Fluggebiete:

- Padul: SP: einfach bei leichten Nordwind, großer Lp bei der Neubausiedlung. Drachen: schwierig

- Cenes de la Vega: 2 Auffahrtsmöglichkeiten: von Cenes oder von Monachil. Sp 50 Höhenmeter über Straße, Sp einfach bei NW Wind, Landeplatz auf alter Deponie bei Cenes de la Vega einfach. Drachen: passt!

- El Caballo bei Durcal/Nigüelas: flacher Startplatz, großer Landeplatz, großer Höhenunterschied bei Westlagen gut. Für Drachen geeignet.

- Orgiva: Beim unteren SP Achtung auf Hochspannungsleitung, schöner Startplatz, einfacher Flug. Im Tal viele Stromleitungen und Talwind. Großer Lp

- Jabalcon:einzeln stehender großer Berg, oft starker Wind, große Nord- und Süd Sp, ebenso große Lp, einfach, für Drachen gut geeignet.

- Huecija, auch Eremita oder Alicun: Auffahrt mit Auto direkt zum kleinen, feinen Sp nach NO, Lp im Bachbett bei dem Talort Bentarique LP nicht für Drachen!

- Las Negras und weitere Gebiete in Naturschutzgebiet Cabo de Gata: Bitte über caboactivo.com Kontakt aufnehmen. Martin von caboactivo zeigt dir gerne die Geheimnisse. Es sind immer anspruchsvolle Startplätze, auch im beschriebenen Las Negras.

- Aguadulce: liegt direkt über einer Tunnelausfahrt der Küstenautobahn. Aufstieg zu Fuß oder mit Allrad zum W Sp. Lp am Ortsrand oder direkt am Strand. Anspruchsvoll

- Castala: Schöner Sp bei S - Wind oder Thermik, LP für Drachen schwierig, da abfallend. Geht oft, wenn direkt in den Küstengebieten zu viel Wind ist. Ausgangspunkt für Streckenflüge entlang des Südrands der Sierra. Weitere Sp in der näheren Umgebung.

- Valle de Abdalajis: gute Nord und Süd Sp. Ebenso gute Lp. Klettersachen für El Chorro mitnehmen.

- Teba: guter Nord Sp einfach, auch bestens für Drachen geeignet. Großer Lp


14 tägiger Termin voraussichtlich November 2016; Bitte anfragen!