Inkakultur und Fliegen

Am 5.11. 2002 fliegen wir zu siebt von Frankfurt und München über Madrid nach Lima. Gleich am ersten Tag in Peru fahren wir von Lima aus nach Pachacamac, einem "europäischen Fluggebiet" in Küstennähe, aber ohne den hier üblichen Wüstenflair. Wir machen gleich die ersten längeren thermischen Gleitschirmflüge für diesen Urlaub.

Dann geht es weiter nach Cusco mit einer alten 727, die von unserem Fachmann Flo, seines Zeichens Flugzeugmechaniker, für flugtauglich erachtet wird. "Was 40 Jahre fliegt, ist seit langem bewährt".

In Cusco, der alten Inkahauptstadt, treffen wir auf geballte Kultur. Einen Tag halten wir uns mit Besichtigungen auf, betrachten die alten Steine, eine Festungsanlage oberhalb der Stadt, Internet-Cafes und besuchen ein nettes Restaurant mit starken Frauen, ihres Zeichens professionelle Rafterinnen. Meine blauen Flecken sind mittlerweile vergangen. Aber lustig war´s.

 

Dann geht es gleich weiter zum Franz ins Urubambatal. Ein Flug über ca. 1300 Höhenmeter hinunter ins Tal fällt leider wegen Rückenwindes aus. Statt dessen staunen wir über die Anlage Sol y Luna in Urubamba. Ein tolles, individualisiertes Hotel mit fast allem Komfort in einer Gegend, wo sich sonst Condor und Lama die Hand reichen. Santa Sacro, der Antennenberg über dem Tal, ist das Ziel des nächsten Tages. Oben Wind aus allen Richtungen, abwarten, nerv... dann zu starker Wind aus der richtigen Richtung, ... Wir fahren wieder abwärts, um am Fuss des Berges unser Glück zu probieren. Und tatsächlich, hier geht es. Auf einem flachen Feld starten wir zu wunderschönen Soaringflügen mit Toplandungen und Absaufen. Strafe: Aufsteigen auf 3.300 m. Das ist richtig anstrengend! Die Höhenakklimatisation kommt allmählich in den nächsten Tage. Abends lässt der Wind dann nach und wir holen den Flug von oben nach. Ein riesiger Blick in die weite Landschaft belohnt uns für das Ausharren.

Machu Picchu ist das eigentlich Highlight für jeden Perureisenden. Wir erwandern uns an vier Tagen den Ort.

Los geht es nach wiederholten 10 Minuten Pause (insgesamt 1,5 Std.) mit einem Frühstück. In einer Gruppe von insgesamt 15 Personen beginnt die Wanderung im Urubamatal in einem Hof, der gerade noch mit einem Auto erreichbar ist. Der erste Tage hat eher die Charakteristik eines Talschleichers. Der zweite Tag hat es eher in sich. Wir überwinden den Pass der toten Frau mit 4.200m über NN. Hier pfeift die Lunge auf dem letzten Loch, besonders, wenn man nicht gut bei´nand ist. Aber alle, auch unsere weiblichen Begleiter, haben es mit Bravour geschafft. Es wollte sich ja auch keiner der deutschen Flieger vor den "Fussgängern" aus Kanada und Usa die Blösse geben. Lustig waren besonders die abendliche Spiele und Folgen für Kai. Siehe auch die Skandalbilder.

Unterwegs erklärt unser Guide etliche interessante Zusammenhänge. Inkas kannten sich, wie die heutige Bevölkerung, sehr gut mit Drogen aus. Kaum ein Kaktus oder eine Trompetenblume, die dazu nicht genutzt wurde. Die Bauten, ihre Zwecke, und einige sportliche Leistungen der Inkas erklärte uns Lucho, unser Guide von Sas Travel.

Der dritte Tag bleibt uns als der "Nebeltag" in Erinnerung. Auf Höhen von über 3000m stolpern wir von einer Sehenswürdigkeit zur anderen, dabei erkennen wir aber nicht die Schönheit und Lage der Orte, da wir absolut keine Aussicht haben.

Am vierten Tag erreichen wir dann früh morgens das Sonnentor und erhaschen durch den Nebel einen ersten Blick auf Machu Picchu. Jetzt klart es auf und wir erleben Machu Picchu in voller Pracht. Bis mittags durchstreifen wir das Gelände. Eine tolle Anlage mit vielen guten Architekten. Sie diente als letzter Rückzugsort vor den Spaniern, die Cusco eroberten, aber das Sacred Valley nie als Eroberungsmacht betraten. Erst 1911 entdeckte ein Ami per Zufall den mit Urwald überwucherten Ort. Alle vermuteten Schätze, - die Inkas nutzten viel Gold für Kultgegenstände mit Bezug zur Sonne -, konnten bisher nicht entdeckt werden. Aber mumifizierte Mammis, die einen hohen Stellenwert in der Inkagesellschaft hatten, fand man noch vor kurzem, wie auch einen einzigen Goldlöffel. Die Frage ist, ob wirklich nichts da war oder ob eine Eselskarawane nicht doch viele Schätze damals abtransportierte?

Fluggelände Mirador über dem Urubambatal, Höhendifferenz ca. 1300m.

Zum Erholen bleibt uns nicht viel Zeit, den Startplatz Mirador haben wir bis dahin nur besichtigt. Jetzt steht der Flug auf dem Programm. Doch zunächst kein gescheiter Wind. Also fliegen wir wieder vom Santa Sacro, Höhe 3.800 m. Da ist es leicht, mit dem Schirm die 4.000 er Marke zu übersteigen. Aber das Fluggefühl ist auf dieser Höhe doch erheblich anders, gewöhnungsbedürftig. Alles geht schneller, dynamischer. Auch die Klapper sind intensiver in der hochandinen Thermik. Längere Flüge bedürfen doch der Gewöhnung. Aber diese Aussicht über die Pastellfarben, gebildet aus gelblichen, roten und grünen Felder und Äcker, dem kräftig grünen Urubambatal bis zu den Schneebergen der Cordillieren im Hintergrund bis zu 6000m aufsteigend, ist einmalig und nur hier so zu geniessen. Mit dem Doppelsitzer und Andrea, unserer guten Fee bei Magen- und Kopfproblemen etc. gehe ich ich die Luft. Ein toller Flug mit schöner Startüberhöhung, aber anstrengend.

Am nächsten Tag ist uns der Startplatz Mirador dann doch noch hold. Aber auch hier wieder diese Schaukelei auf 4000 m. Bis zur Landung, lange Zeit später, hört die Thermik nicht auf, am Schirm zu Zerren. Der Landefußballplatz unter thermischen Bedingungen mit einzäunenden Stacheldraht, grossen Bäumen und am Hang gelegen, ist doch anspruchsvoll. Doch letztlich haben wir ihn alle getroffen. Hans fliegt wie so oft am längsten. Nach der ersten Landung kommen die Kinder gelaufen und fragen, wo Franz, der einzige ihnen bekannte Pilot, im Tal bleibt. Sie helfen uns dann fachkundig die Schirme zusammenzulegen. Nach diesen anspruchsvollen, aber gigantischen Flügen im Urubambatal verlassen wir Peru, um weiter in Iquique, Chile zu Fliegen.

Das muss jeder Pilot, der Südamerika bereist, gesehen und beflogen haben. Der Startplatz Alto Hospicio über Iquique ist brettleben, doch perfekt zum Start bei dem typischen Wind. Vormittags vor und Abends nach Abflauen der heftigsten Thermik ist es hier ein Spass zu Starten, rückwärts natürlich. Sofort nach dem Abheben zieht es dich sanft nach oben, du hast einen tollen Überblick über Stadt und Land. "Land" ist in dem Fall Wüste, gelblich, grauer Sand, eine lange Kante, eine riesige, gelbe Düne (ohne Namen, wie heisst die doch in Frankreich?) und natürlich der blaue Pazifik. Über dieser Kulisse stundenlang zu Soaren und eingearbeitete Thermiken auszukurbeln macht richtig Spass. Die Luft ist hier auf 600 m über dem Meer wieder viel "fester". Das alte Fluggefühl stellt sich gleich wieder ein, nach den Höhenflügen in Cusco.

Iquique bietet verschieden Startplatzvarianten. Mit Philip, einem einheimischen, Schweizer Fluglehrer erkunden wir weitere Möglichkeiten.

"55 km" ist das Ziel eines Fluges aus südlicher Richtung an diversen "Friedhöfen" und Bombenabwurffeldern vorbei bis nach Iquique. Diese anspruchsvolle Variante probieren wir am dritten Tag auch aus. Auf der Hinfahrt erklärt Philipp alle kritischen Stellen, meldet uns am Flugplatz an. Der Startplatz, direkt an einer breiten LKW Strasse, ist 50 m. über der Küstenebene. Also Absaufen wird wieder mit einem Fussmarsch bestraft. Doch der Wind passt perfekt und so starten wir unseren ersten Versuch. Hoch zur Kante aufsoaren, versuchen weiter Höhe zu machen, dabei auf alle anderen warten, so die Stallorder von Philip.

Zügig verabschieden sich alle vom Starthang, allen voran Werner und Markus. Nacheinander queren alle die erste Einbuchtung und kommen über dem Grad an der nächsten Kante an. Vor und über der deutlichen Geländekante geht es dann weiter. Nach ca. 10 km müssen alle von 50 m über der Ebene wieder aufsoaren. Beim ersten Mal ist das gar nicht so einfach. Aber Philip zeigte uns vorher schon die Stelle, so dass es keine Überraschung war. Und es geht auch genau dort hoch, wo der Bart immer steht. Im aufgelockerten Pulk fliegen wir dann weiter Richtung IQQ. Der Flugplatz von IQQ. kommt langsam näher. Philipp meldet die Gruppe an. Doch vor der Passage des Flughafens kommt das "Cerementerio Uno", ein Platz, an dem schon viele Piloten hängen geblieben sind. Auch wir steht nach vergeblichen Versuchen geschlossen am Boden. Kai hat seinen längsten Flug überhaupt gemacht! Gratulation!

Einige sind geschickt neben der Strasse gelandet, andere weiter entfernt. Sie sollen am Rand der Einbuchtung zur Strasse laufen, da diese Sandebene als Abwurf- und Zielplatz von Militärflugzeugen genutzt wird. Am Nachmittag, nach einem phantastischen Fischessen, gehen wir zum "Übungshang Palu Buque".

Unscheinbar liegt ein kleiner Sandhaufen am Fuss der Gebirgskante. Viel und tiefer Sand empfängt uns. Hier fliegen?

Aber bei dem 30 er Wind ist gar nicht so einfach, den Schirm hier kontrolliert in die Luft zu bringen. Dann aber ist es ein wahres Vergnügen, hier am, im und über dem Sand zu fliegen, zu üben, einfach mit dem Schirm zu spielen. Zwei bis drei Stunden kannst du hier leicht verbringen, es wird dir sicher nicht langweilig. Aufsoaren bis auf 800 m über dem Pazifik, wo geht das so leicht wie hier?

Die nächsten beiden Tage verlaufen ähnlich, nur das unser Crack Hans sich einmal bis Palu Buque (mit zwei Zwischenlandungen) und dann bei noch besseren Bedingungen bis nach IQQ durchtankt. Tolle Leistung nach so kurzer Eingewöhnungszeit. Gratulation auch nochmals an dieser Stelle! Traurig verlassen wir am nächsten Tag diesen tollen Fliegerort.

Die Rückfahrt durch die Wüste nach Tacna/Peru wird aufgelockert durch einige heftige Dustdevils im Hinterland und dem verpassen des Flugplatzes durch Kai und Flo. Sie sind im Taxi einfach am Flugplatz vorbei ins Zentrum von Tacna gefahren. Rechtzeitig vor dem Abflug tauchten sie dann aber doch noch auf. Puuuh.!

Einem Tag Lima mit prima Klima und Hochhaussoaring bis zum Dämmerung folgt am nächsten Tag in der Früh die Fahrt nach Paracas. 280 km südlich von Lima gibt es ein Naturschutzreservat, das zum Fliegen gerade nur so einlädt.

Die Zutaten: Ein Kante direkt am Pazifik; ein laminarer Wind mit 20 " 40 km/h; Parkplatz direkt am Startplatz. Toll! Hier kannst du wieder stundenlang den Schirm lüften, die Windstärke ist ok, weil er nur laminar, ohne Böen aus einer Richtung bläst. Die Dünung zeigt die die Windstärke an. Unter diesen Starkwindbedingungen in den Alpen zu starten käme einem Selbstmord gleich. Aber hier ist das vollkommen ok. Übungen: Waschmaschine, Bodenstreifen mit diversen Körperteilen, Wingovern, unterschiedliche Rückwärtsstarttechniken ausprobieren etc.

In der Küstenlinie ist die Kathedrale eingelagert, die du überfliegen kannst. Die Kathedrale hat einen umspülten Fuss im Meer und wird ständig unterspült. Daher gibt es keine Landemöglichkeit. Die viel frequentierte Touristenattraktion überfliegst du in 20 - 50m also öfters. Winken nicht vergessen.

Weiter Attraktionen sind etliche tausend Robben, Millionen von Vögeln, Humboldt Pinguine und anderen Getier auf den Islas de Ballestas. Nach einigen Pisco sour am Vorabend wird diesem Wasserbewohnern beim Besuch mit dem Boot gerne geopfert.

Jetzt kommen wir zum eher traurigen Kapitel des Urlaubs: unsere Zeit ist um. Wir fliegen nach den zwei Tagen in Paracas noch einmal in Lima und beenden unserer Flüge um 17.00 Uhr, damit wir rechtzeitig unseren Flug nach Madrid erreichen.

Toll war´s und diese Reise wird bestimmt noch viele weitere Anhänger finden!

Klaus 12/2002

Ps.: Ich habe zu dieser Reise eine Power-Point Präsentation gemacht mit ca. 150 Bildern. Auf CD gebrannt für 10,- EUR bei FlyART zu bestellen.